nichts für schwache Nerven…

wenn der Tabellenführer gegen den unmittelbaren Verfolger antritt und die Platzierung bei Punkt­gleichheit, nur durch die Tordifferenz bestimmt wird, dann kann man wohl von einem absoluten Spitzenspiel sprechen. Die Zuschauer durften sich auf eine umkämpfte Partie eingestellt haben und neben dem bedingungslosen Einsatz auch auf einige spielerischen Leckerbissen hoffen.

Trotz der nun schon oft angesprochenen personellen Reduzierung im Kader, war das Wies­ner-Team ja am vergangenen Wochenende bei Pro Sport ganz ordentlich in die Rückrunde gestartet. Das gilt aber ebenso für die ehrgeizigen Preussen. Dem Spandauer Trainer-Duo war natürlich be­wusst, dass dieser Gegner eine ganz andere Herausforderung darstellen würde, als die Damen von Pro Sport. Nur zu gerne hätte der Coach dafür aus dem „Vollen“ geschöpft. Ein Blick auf das Spielprotokoll zeigte allerdings nur zu deutlich, dass für dieses Spitzenspiel noch einmal auf weite­re Leistungsträger verzichtet werden musste. Um den stark geforderten Damen doch einmal eine kleine Verschnaufpause zu ermöglichen, wurde ganz kurzfristig noch Kathrin Hettlage. aus der 2. Mannschaft nachnominiert. Das Trainer-Team der Adler hatte alle wesentlichen Stammkräfte an Bord und war mehr als gewillt ihren guten Lauf mit zuletzt vier Siegen in Folge nicht abreißen zu lassen. „Trainer-Ikone“ Peter Frank äußerste sich vor dem Anpfiff mit dem bekannt verschmitzten und sympathischen Lächeln auf den Lippen dann auch sehr zuversichtlich, dass die beiden (positi­ven) Punkte die Halle wohl in Richtung Lankwitz verlassen würden. Diese Zuversicht war ja durch­aus begründet, denn seine Damen hatten ja schon Schwerin eindrucksvoll bewiesen , dass sie in den Hallen der Spitzenteams bestehen können. So war zu erwarten, dass die Adler mit viel Selbst­vertrauen in die Partie gehen würden.

Den ersten Erfolg verbuchten die Preussen dann bei der Seitenwahl und brachten gleich Bewe­gung in die Begegnung. Die Plätze auf den Bänken mussten getauscht werden und die Spandaue­rinnen begannen mit dem Anwurf mit den für sie ungewohnten Blick auf die Anzeigetafel. Davon al­lerdings wenig beeindruckt starteten die Gastgeberinnen hoch konzentriert und wie die Feuerwehr. Schon im ersten Angriff überraschte Ulrike Kuhlmey mit einem schönen Hüftwurf die noch etwas schläfrige Preussen Abwehr. Das schnelle 1:0 gab Mut, der auch durch eine konzentrierte Abwehr­leistung weiter genährt wurde. Den nicht nur individuell, sondern auch spieltaktisch starken Rück­raumspielerinnen der Gäste wurde entschieden entgegen getreten. Meist schafften es die Span­dauerinnen auch die Gegnerinnen zu „doppeln“ und machten diesen das Leben schwer. Auch der zweite Spandauer Angriff wurde dann mit einem „Rückraum-Knaller“, erneut von Ulrike Kuhlmey, erfolgreich abgeschlossen. Die Preussen erhöhten den Druck, versuchten über Wechsel im Rück­raum oder im 1 gegen1 sich Chancen zu erarbeiten. Zunächst wurden diese Versuche aber nicht von Erfolg gekrönt, denn die Lankwitzerinnen hatten noch ein wenig Schwierigkeiten das Tor zu treffen oder scheiterten entweder am Gebälk oder an der gewohnt stark auftrumpfenden Marie Knauer in Spandaus Kasten. Auch den dritten Treffer konnten die Gastgeberinnen durch einen ge­lungenen Gegenstoß über Fiona Junge erzielen. Als Anja Barthelt dann endlich der Treffer zum 3:1 für die Preussen gelang, hoffte deren lautstark trommelnder Anhang darauf, dass nun der Knoten geplatzt sei. Der Gegentreffer beeindruckte das Wiesner-Team allerdings wenig. In der Deckung wurde weiterhin giftig und mit großem Einsatz gearbeitet und das Angriffsspiel geduldig vorgetra­gen. Der Vorsprung wurde nicht nur gehalten sondern sogar weiter ausgebaut (7:2, 8:3). Der Preussen-Angriff versuchte viel, die Spielerinnen im Rückraum rotierten in den Positionen ohne al­lerdings wirklich Wirkung zu erzielen. Die Variante Michaela Hofmann an den Kreis zu stellen und sie von dort aus, quasi aus dem Rücken der Abwehr, in den Rückraum zu holen, führte zweimal mit zwei feinen Würfen aus der Hüfte zum Erfolg (8:5). Dann eine Schrecksekunde für die Span­dauer Damen. Nach einem Wurfversuch der Preussen sank Nina Sandhopp, die bis dahin eine ganz starke Deckungsleistung zeigte, zu Boden und blieb dort auch liegen. Die Hand der Werferin hatte sie unglücklich im Gesicht getroffen und sie zog sich eine Platzwunde an der Augenbraue zu. An ein Weiterspielen war nicht zu denken und die ohnehin knappe Personaldecke wurde weiter strapaziert. Für Nina kam nun Vanesa Secic in die Partie, und übernahm deren Rolle nahtlos. Die Spandauerinnen ließen nicht nach und spielten sich förmlich in einen kleinen Handballrausch. Der 5-Tore-Vorsprung konnte nicht nur wieder hergestellt, sondern sogar noch ausgebaut werden (11:5). Als dann Isi Hoffmann auch noch einen 7m von Michaela Hofmann entschärfen konnte und auch die folgenden Würfe auf ihr Tor in bekannt ruhiger Art entschärfte, schien alles im Spandauer Sinne zu verlaufen. Bis zum Pausenpfiff erzielten beide Teams noch zwei Treffer, sodass es mit einem 13:7 in die Kabinen ging.

Das Spandauer Publikum konnte mit seinen Damen sehr zufrieden sein, denn diese ersten 30 Mi­nuten zählten ganz gewiss mit zu den Besten, die in dieser Saison geboten wurden. Aber auch wenn die Spandauerinnen diese erste Hälfte deutlich bestimmten und die 6-Tore-Führung schon ein ganz ordentliches Polster darstellten, wusste doch jeder, dass so ein Vorsprung im Handball schnell dahin schmelzen kann. Der etwas besorgte Fan fragte sich natürlich auch, ob die Kraft des kleinen Kaders für weitere ähnlich intensive 30 Minuten reichen würde.

Diese Sorge schien aber zunächst unbegründet, denn das Wiesner-Team startete sehr konzen­triert in den zweiten Spielabschnitt und markierte die ersten beiden Treffer (15:7). Dem ersten Tref­fer der Preussen der zweiten Hälfte, folgte die Spandauer Antwort prompt, Anschließend konnte die Heimmannschaft sogar auf 17:9 erhöhen. War das schon die Entscheidung? Noch waren 20 Minuten Spielzeit auf der Uhr.

Die Preussen stellten ihr Defensivverhalten etwas um. Michaela Hofmann deckte ein wenig offen­siver und störte so das Passspiel der Spandauerinnen. Diesen waren nun auch deutlich die kraftraubenden ersten 40 Minuten anzumerken. Das Angriffsspiel verlor an Druck und es schlichen sich zunehmend Fehler im Aufbauspiel ein. Die Gäste erhöhten das Tempo, versuchten über die 1. Welle zu leichten Toren zu kommen und verstärkten den Druck auf die nun ins Wanken geratene Defensive durch verstärktes 1:1 Spiel. Tor um Tor kämpften sich die Adler heran. Die Gastgeberin­nen schienen stehend K.O. zu sein und konnten von Glück reden, dass sich die Preussen im Kon­terspiel den einen oder anderen Fehler leisteten oder an Marie Knauer scheiterten. Spandau blieb gut 10 Minuten ohne eigenen Torerfolg. Die nun sehr schwer erarbeiteten Chancen konnten nicht genutzt werden, selbst Möglichkeiten im Konter oder auch vom 7m-Punkt fanden nicht den Weg ins Ziel. Die Preussen witterten Morgenluft und deren Fans malträtierten ihre Lärmgeräte bis zum Äußersten. Nach dem Anschlusstreffer zum 17:16 zog Coach Wiesner die grüne Karte, stoppte da­durch den Preussen-Lauf zumindest für eine Minute und verschaffte seinen Damen eine kleine Verschnaufpause. Seine mahnenden bzw. aufbauenden Worte müssen anscheinend zu seinen Damen vorgedrungen sein. In dieser Pause sammelten sich die angeschlagenen Gastgeberinnen noch einmal und konnten anschließend ihre Torflaute beenden. Durch das Erfolgserlebnis des 18. Treffers angetrieben zeigten die Spandauer Mädels wieder mehr Spannung. Dennoch blieb das Spiel auf Messers Schneide. Preussen bekam einen (berechtigten) 7m zugesprochen. Die zuvor zweimal vom Punkt erfolgreiche Anna Linke scheiterte an Marie Knauer. Allerdings fand der ab­prallende Ball seinen Weg wieder in eine Preussen Hand und auch wenn Marie den folgenden Nachwurf parieren konnte, entschieden die Unparteiischen erneut auf 7m für die Preussen. Zu­sätzlich erhielt Dana Baerns für ihre Abwehraktion eine 2-Minuten-Erholung auf der Bank. Alles an­dere als günstig in dieser Spielsituation. Routinier Michaela Hofmann übernahm Verantwortung, fand aber erneut in Marie Knauer ihre Meisterin. In Unterzahl bauten die Gastgeberinnen ihr Spiel mit der nötigen Ruhe auf und warteten auf ihre Chance. Diese bot sich dann Anja Thiele, die in ih­rer unnachahmlichen Art eine Lücke zum Durchbruch nutzte und nur mit unfairen Mitteln gestoppt werden konnte. Auch hier gab es 7m Strafwurf für Spandau und eine Zeitstrafe für die Preussen (53:32 gespielte Zeit). Den fälligen 7m verwandelte Ulrike Kuhlmey zu 19:16. Auch den nächsten Treffer markieren die Gastgeberinnen. Nun nahmen die Preussen ihre Auszeit (55:34). Auch hier fruchten des Trainers Worte. Die Gäste können in der Folge auf 20:18 verkürzen und setzen die Spandauerinnen durch eine offene Deckung unter Druck, wollen unbedingt den Ballgewinn. Span­dau bewahrte aber die Nerven, hielt den Ball in den eigenen Reihen bis sich die Gelegenheit für einen finalen Pass bot. Dieser landete bei der sich frei laufende Dana Baerns, die sich diese Chan­ce nicht entgehen ließ und auch erfolgreich abschloß (21:18). Den folgenden Angriff konnte Span­dau abwehren und im Gegenzug durch Ulrike Kuhlmey auf 22:18 erhöhen. Auch das letzte Bemü­hen um eine Ergebniskorrektur misslang den Gästen. Die Schlusssirene beendete diese spannen­de und umkämpfte Begegnung.

Damit siegt Spandau mit exakt dem gleichen Ergebnis, mit dem die Preussen im Hinspiel das Par­kett der Seydlitzstr. als Sieger verlassen haben und verteidigten gegen den unmittelbaren Verfolger die Tabellenführung.

Ein großes Kompliment an die Spandauer Damen, die den Ausfall vieler Stammspielrinnen mit tol­lem Einsatz kompensiert haben. Die Spielerinnen haben gezeigt, dass sie in der Lage sind Verant­wortung zu übernehmen und als Mannschaft funktionieren. Selbst die 10 minütige Schwächephase konnten sie -zumindest in diesem Spiel- überstehen und ließen sich nicht von ihrem Weg abbrin­gen. Sicher wird eine solche Kraftanstrengung nicht in jedem Spiel zu wiederholen sein, dennoch ist der kleine Kader diesmal über sich hinaus gewachsen, ist an seine Grenzen gegangen und kann verdient den Augenblick genießen.

Mit den Preussen präsentierte sich eine sehr starke Mannschaft dem Spandauer Publikum, die in diesen 60 Minuten vielleicht nicht ihr ganzes vorhandenes Potential abrufen konnte, aber durchaus durch seine Kampfkraft und die individuellen Fähigkeiten überzeugen konnte.

Für das Wiesner-Team geht es nun darum diese gute Vorstellung auch am nächsten Samstag ge­gen den HC Angermünde zu bestätigen. Anpfiff, wie immer in Spandau um 17.00 Uhr.

Für Spandau waren dabei:

Isabel Hoffmann, Marie Knauer im Tor; Nina Sandhop, Vanesa Sesic (3), Sandra Meinecke (1), Anja Thiele (1), Carolina Wodetzki, Fiona Junge (2), Ulrike Kuhlmey (8/3), Dana Baerns (4/1), Lisa Hänicke (3), Kathrin Hettlage.